Die Katholische Kirche im Kalten Krieg. Die Reaktionen Pius XII. und des Heiligen Stuhls auf den Aufbau staatssozialistischer Regime in Ostmittel- und Südosteuropa (1945–1958)

Projektzeitraum: Januar 2022 – 2026
Projektbearbeitung: Dr. Marion Dotter, Collegium Carolinum
Projektleitung: Prof. Dr. Martin Schulze Wessel, Collegium Carolinum
Förderung: Das Projekt wird von der Max Weber-Stiftung gefördert. Forschungsprojekt des Collegium Carolinum in Kooperation mit dem DHI Rom und dem DHI Warschau.

Post-Doc-Projekt am Collegium Carolinum im Rahmen des Forschungsprojekts „The Global Pontificate of Pius XII. Catholicism in a Divided World, 1945-1958

 

Als der Vatikan 2020 erstmals den Zugang zu den Archiven des Pontifikats von Pius XII. ermöglichte, war das Medienecho groß. Die Öffentlichkeit interessierte sich vor allem für die Rolle des Papstes während des Zweiten Weltkriegs, in dem internationalen Forschungsprojekt „The Global Pontificate of Pius XII. Catholicism in a Divided World, 1945-1958” richtet sich der Fokus seit Januar 2022 dagegen auf die Nachkriegszeit. Zehn Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler werden sich an verschiedenen internationalen Standorten der Frage widmen, wie sich der Vatikan zu den Schlüsselthemen des 20. Jahrhunderts wie Dekolonisierung, Demokratisierung und Erinnerung an Shoah und Zweiten Weltkrieg verhielt. Sie werden mithilfe des neuen Archivmaterials im Apostolischen Archiv, sowie mit weiterführenden, in- und außereuropäischen Quellenbeständen die Rolle des Vatikans im frühen Kalten Krieg und der beginnenden Globalisierung erforschen.

Am Collegium Carolinum bearbeitet Marion Dotter das Post-Doc-Projekt zum Verhältnis zwischen Katholischer Kirche und Kommunismus in Ostmittel- und Südosteuropa. Papst Pius XII. ist bekannt für seine strikte Abneigung gegen die kommunistische Ideologie, die sich beispielsweise anhand der Veröffentlichung des „Decretum S. Officii contra communismum“ von 1949 sowie seiner schrittweisen Annäherung an das westliche Staaten- und Wertesystem äußerte. Damit ist auch die Doppelrolle, die der Papst als internationaler Akteur bis heute einnimmt, grob umrissen: Einerseits ist er als Souverän des vatikanischen Zwergstaates berechtigt, Vertreter in fremde Staaten zu entsenden und Verhandlungen mit Regierungsbehörden aufzunehmen, andererseits zählt er als Oberhaupt der katholischen Kirche auch zu den „Non-Governmental-Actors“ und besitzt durch diese weltweit bestehenden, klerikalen Strukturen Ressourcen, die bis auf die niederschwelligste administrative Ebene der Pfarren reichen.

Diese Doppelrolle der Kirche als international und lokal agierende Institution in Ostmittel- und Südosteuropa zu skizzieren, soll die Hauptaufgabe des avisierten Projekts darstellen. Es strebt einen Vergleich zwischen der Tschechoslowakischen Republik, dem Norden Jugoslawiens und Österreich an. Die Tschechoslowakei konnte sich nach dem Zweiten Weltkrieg zwar als eigenständige Nation etablieren, war aber dem sowjetischen Diktat unterworfen. Slowenien wurde als jugoslawische Teilrepublik der „blockfreien“ sozialistischen Staatenwelt zugeordnet und schlug dementsprechend einen eigenen staatssozialistischen Kurs ein. Der Osten Österreichs stand formell bis 1955 unter russischer Besatzung und erklärte sich im Staatsvertrag, der seine Unabhängigkeit sicherte, neutral. Diese Auswahl ermöglicht es, die kirchlichen Reaktionen auf die marxistische Ideologie in drei ganz unterschiedlichen Ausprägungen gegenüberzustellen. Das Projekt soll offenlegen, mit welchen Maßnahmen die Kirche auf die Herausforderungen der Nachkriegszeit reagierte und inwieweit diese auf die staatlich-politischen Spezifika der genannten Länder zugeschnitten wurden.

Diese Maßnahmen sollen auf allen Ebenen der kirchlichen Verwaltung, von den unterschiedlichen Entscheidungsgremien der Kurie über das Episkopat bis zu den nationalstaatlichen Laienorganisationen nachvollzogen werden und die europäische Geschichte der Nachkriegszeit um eine religionshistorische Perspektive ergänzen.

Im Rahmen des internationalen Forschungsprojekts „The Global Pontificate of Pius XII.“ wird jährlich ein interner Workshop für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aller Partnerinstitutionen veranstaltet. Diese stellen dabei ihre individuellen Projekte zu den vier Einzelthemen Kalter Krieg, Dekolonisierung, Erinnerungskultur und Demokratisierung in Form von Werkstattberichten vor:

1. Workshop "The Global Pontificate of Pius XII." Internes Projekttreffen (in Kooperation mit dem DHI Rom), München, 26./27. Mai 2023

Im Mai 2023 wurde ein Podcast der Max Weber Stiftung zum Projekt veröffentlicht, an dem die Projektmitarbeiterin Marion Dotter beteiligt war. Er ist zu zu hören unter: https://gab.hypotheses.org/12504.

Kontakt: Marion Dotter

Webseite: https://piusxii.hypotheses.org/

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