Institut
08. 04 2021

Franz Machilek (1934–2021)

Das Collegium Carolinum trauert um Franz Machilek (* 1934 in Auspitz/Hustopeče), der am Ostermontag verstorben ist. Mit ihm verliert es einen bedeutenden Historiker und Archivar und einen überaus geschätzten Kollegen, der dem Collegium Carolinum seit 1977 als Mitglied, zwischen 1997 und 2003 auch als Vorstandsmitglied, verbunden war.

Ein breit angelegtes Studium der Philosophie, Theologie, Germanistik, Geschichte und Historischen Hilfswissenschaften an der Phil. Hochschule St. Stephan in Augsburg, der Phil.-Theol. Hochschule Dillingen und der Universität München beendete Franz Machilek mit einer Promotion und legte zugleich ein Staatsexamen ab, das ihn für den Höheren Archivdienst qualifizierte. Über Stationen am Bayerischen Hauptstaatsarchiv München und am Staatsarchiv Nürnberg stieg er in die Position des Direktors des Staatsarchivs Bambergs auf. Franz Machilek habilitierte sich an der Universität Bamberg und wurde dort 1989 zum Honorarprofessor für Mittelalterliche Geschichte und Historische Hilfswissenschaften ernannt.

Seine Forschungen, denen er sich bis ins hohe Alter widmete, galten der mittelalterlichen Religionsgeschichte der böhmischen Länder und ihren Wirkungen bis in das 19. und 20. Jahrhundert hinein. Ein hervorragendes Thema seiner Studien war Jan Hus, den er im Titel seiner noch 2019 veröffentlichten Biographie nicht nur als „Prediger“ und „Theologen“, sondern auch als „Reformator“ würdigte, womit er die Reformationsepoche – viel klarer als es die aktuelle deutsche Luther-Forschung vermag – in Böhmen beginnen ließ. Wie diese Biographie, so zeigt auch der von ihm herausgegebene Sammelband „Die hussitische Revolution. Religiöse, politische und regionale Aspekte“ Machilek als profunden Kenner  der  spätmittelalterlichen Frömmigkeits- und Kirchengeschichte, der die internationale Forschung souverän überblickte. Machilek verband dabei grundsätzliche theologische und historische Perspektiven der Hus-Forschung mit der Rezeptionsgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts sowie den „regionale Aspekten des Hussitismus“. Gerade zu letzterem Aspekt hat Machilek mit seiner Untersuchung von Hus und den Hussitenkriegen in Schlesien und in der Oberpfalz wichtige Studien vorgelegt. Er war auch ein hervorragender Kenner der Ordensgeschichte seit dem Hochmittelalter in Böhmen und Mähren sowie in Franken und beschäftigte sich eingehend mit katholischen Frauengestalten wie der Äbtissin des Klarissenklosters in Nürnberg Caritas Pirckheimer. Von hoher Gelehrsamkeit und skrupulöser Quelleninterpretation zeugt schließlich auch sein in der Bohemia 2004 veröffentlichter großer Aufsatz „‚Velehrad ist unser Programm‘. Zur Bedeutung der Kyrill-Method-Idee und der Velehradbewegung für den Katholizismus in Mähren im 19. und 20. Jahrhundert“.

Franz Machilek hat zahlreiche Ehrungen erfahren, z.B. als Fellow des Zentrums für mediävistische Studien der Karlsuniversität und der Akademie der Wissenschaften der Tschechischen Republik (Centrum medievistických studií Univerzity Karlovy a Akademie věd České republiky). Eine ganz besondere Würdigung des Wissenschaftlers und Menschen Franz Machilek war es, dass seine Geburtsstadt Hustopeče ihn 2010 zu ihrem Ehrenbürger ernannte – damit war Machilek, soweit ersichtlich, der erste Deutsche, dem eine solche Ehre nach 1989 widerfuhr. Von den vielen wissenschaftlichen Vereinigungen, in denen er sich engagiert hat, seien – neben dem Collegium Carolinum – der Johann-Gottfried-Herder-Forschungsrat und die Historische Kommission für die böhmischen Länder genannt.  

Im Collegium Carolinum war Franz Machilek durch seine zugewandte, ausgleichende Art und durch sein lebhaftes, auch im hohen Alter waches Interesse an Forschungsfragen wie an den Geschicken des Instituts sehr geschätzt. Sein Rat und seine Ermutigungen waren für uns wichtig. Wir werden Franz Machilek ein ehrendes Andenken bewahren.

Martin Schulze Wessel