Digitale Forschungsinfrastrukturen

Am CC hat die »Digitale Geschichtswissenschaft« bereits seit Jahren einen festen Platz: mit der Koordination und Beteiligung an der Internet-Plattform »Osteuropa-Dokumente online« (OstDok) ebenso wie mit der (Retro-)Digitalisierung seiner Fachzeitschrift »Bohemia«. Seit 2014 beschreitet das Institut einen weiteren Weg in Richtung eines »Digitalen Collegium Carolinum«.

Denn neben dem digitalen Publizieren und der Retrodigitalisierung analoger Bestände ist unter Digitalisierung auch die Verwendung computergestützter Methoden der Datenverarbeitung in der Forschung zu verstehen. Diese verändern nicht notwendigerweise deren Erkenntnisinteresse, wohl aber ihre Durchführung - etwa beim gemeinsamen, vernetzten Arbeiten mehrerer Forscher oder bei der Erfassung und Verarbeitung großer Datenmengen.

An dieser Stelle begegnen sich digitale Methoden und Retrodigitalisierung - so zum Beispiel in computergestützten Verfahren der Texterschließung. Dabei entstehen zunächst einzelne Digitalisate, etwa von Archivdokumenten. Auf deren Grundlage können dann elektronische Editionen entstehen, die in gedruckter Form nicht oder nur mit großem Aufwand realisierbar sind. Sowohl für die Texterschließung als auch für die Datenverarbeitung gilt dabei aber, dass digitale Methoden die herkömmlichen nicht ersetzen, sondern erweitern.

Das Collegium Carolinum geht den Weg der Praxis: Digitale Techniken sollen dort Anwendung finden, wo sie relevante Forschungsfragen beantworten können und wo sie neue Möglichkeiten für ihre Bearbeitung bieten. Das setzt zunächst den Aufbau einer Infrastruktur für digitale Forschung voraus, bestehend im Wesentlichen aus Programmumgebungen für Datenbankverwaltung, Visualisierung und Weboberflächen. In einem zweiten Schritt soll diese Infrastruktur für institutsinterne, aber auch institutsübergreifende Kooperationen (zum Beispiel im Rahmen des Kompetenzverbundes »Historische Wissenschaften München«) in der digitalen Forschung genutzt werden.

Diese zukünftigen digitalen Forschungsprojekte sind in einem doppelten Sinne zu verstehen: Sie beschreiben zum einen die Datenerhebung und -verarbeitung anhand einer leitenden Fragestellung, zum anderen sind sie aufgrund des digitalen Datenformats (Transformierbarkeit) weiteren Forschungen unmittelbar zugänglich. Die sichtbare Schnittstelle zwischen verschiedenen Verwertungen der erhobenen Daten ist die interaktive Darstellung (Visualisierung) für und durch die Forscher. Die Vernetzung und webgestützte Präsentation ausgewählter Forschungsergebnisse richtet sich außerdem an die internationale Fachöffentlichkeit.

Seit dem 1. September 2014 existiert im Collegium Carolinum eine eigene Stelle für den Bereich der digitalen Geschichtswissenschaft. Sie dient dazu, die skizzierten Schwerpunkte - Aufbau einer Infrastruktur, digitale Kooperation, Erschließung, Visualisierung und Verwertung der Daten - in einem zunächst auf zwei Jahre angesetzten Zeitraum zu realisieren.