Die Kriminalität der Anderen. Ethnische Zuschreibung von Kriminalität in den preußischen Ostprovinzen und den böhmischen Ländern (1871 bis 1914)

DFG-Projekt am Collegium Carolinum

Laufzeit: 1.7.2016-30.6.2019
Projektbearbeitung: Prof. Dr. Volker Zimmermann  

Das Bild vom kriminellen Fremden ist heute in vielfältiger Weise präsent: beispielsweise in tief verwurzelten Vorstellungen von Roma als Gewohnheitsverbrechern oder in Witzen über polnische Autodiebe. Daher ist es von Wert, sich mit den Entstehungsbedingungen ethnischer Kriminalisierung als besonders wirkungsmächtiger Form sozialer Ausgrenzung zu befassen. Das Projekt untersucht diese am historischen Beispiel zweier Regionen in unterschiedlich verfassten Staatswesen: den preußischen Ostprovinzen des als Nationalstaat konzipierten, aber mehrnationalen Deutschen Kaiserreichs sowie den böhmischen Ländern der multinationalen Habsburgermonarchie. Aufgedeckt werden sollen Mechanismen und Deutungsmuster, durch die Fremdbilder von ethnischen Gruppen mit Kriminalitätsvorstellungen verbunden wurden und die so zur Konstruktion krimineller „Anderer“ führten. Analysiert werden hierfür gesamtstaatliche Kriminalitätsdiskurse und soziale Praktiken vor Ort. Ausgangspunkt ist dabei die Überlegung, dass die Untersuchung von ethnischer Kriminalisierung das Selbstverständnis dominanter gesellschaftlicher Gruppen, ihre Inklusions- und Exklusionspraktiken sowie die politische und soziale Teilhabe von als andersartig bezeichneten Bevölkerungsteilen unter verschiedenen Herrschaftsstrukturen erkennen hilft – und somit einen aufschlussreichen Beitrag nicht nur zur Gesellschafts- und Kulturgeschichte des Kaiserreiches und der Habsburgermonarchie, sondern auch anderer Staatswesen leistet.

Volker Zimmermann