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07. 10. 2025

Grischa Vercamer: (Nicht-)Inszenierung von Religiosität bei spätmittelalterlichen Herrschern in bayerischen, böhmischen und österreichischen Chroniken

 

Am 7. Oktober um 17 Uhr eröffnet Grischa Vercamer mit seinem Vortrag über die spätmittelalterliche Inszenierung von Religiosität eine neue Runde der Prager Vorträge.

Ort: Prager Außenstelle des Collegium Carolinum (Valentinská 91/1, Praha, 3. Stock)

Der Vortrag wird auch via Zoom übertragen.

 

Das Collegium Carolinum,
das Deutsche Historische Institut Warschau und das
Leibniz-Institut für Geschichte und Kultur im östlichen Europa laden
in Zusammenarbeit mit dem Centre for Medieval Studies
zu dem Vortrag von

 

PROF. DR. GRISCHA VERCAMER (PASSAU)

 

(Nicht-)Inszenierung von Religiosität bei spätmittelalterlichen Herrschern in bayrischen, böhmischen und österreichischen Chroniken

 

am Dienstag, 7. Oktober 2025, 17.00 Uhr ein.

Der Vortrag findet in der Valentinská 91/1, 3. Stock statt und wird über Zoom übertragen. Bei Interesse an dem Link wird gebeten, sich an florian.ruttner@collegium-carolinum.de zu wenden.

 

Fromme Herrschaftshandlungen, das Zeigen von Gottesfurcht und Demut zeichneten den christlichen Fürsten im Mittelalter aus, derartige Inszenierungen wurden in religiös aufgeladenen Zeremonien (z. B. Krönungen, Hochfeste, Hochzeiten) publikumswirksam evoziert. Die bisherige Forschung ist sich bezüglich der Bedeutung einer gelebten fürstlichen Religiosität für die herrschaftliche Legitimation einig. - Geradezu konträr dazu fällt der Befund in spätmittelalterlichen historiographischen Werken aus, die als Quellengruppe ihrerseits einen zentralen Platz in der mediävistischen Forschung einnehmen: Der Fürst wird in Chroniken zwar des Öfteren stereotyp mit Attributen wie christianissimus oder frum (fromm) versehen, aber diese attributiven Zuschreibungen werden kaum mit konkretem Inhalt gefüllt. Überhaupt fällt auf, wie selten von Frömmigkeit und Religiosität in den Werken gesprochen wird. Bestimmte Stationen während eines Fürstenlebens (Geburt/Taufe, Hochzeit, Krönung, besondere Siege/Niederlagen, Pilgerreisen) wären für solche Inszenierung eigentlich prädestiniert – aber erstaunlich oft werden diese ‚narrativen Chancen‘ ausgelassen. Wenn dann doch hier und da in den Chroniken religiöse Handlungen des Fürsten dargestellt werden, geht es meist um ostentative, politische Frömmigkeit, d.h. die gezeigte fürstliche Religiosität war letztlich Mittel zum Zweck.
Dieser Befund wird im Rahmen eines größeren Forschungsprojekts auf der Quellengrundlage von ca. 30-40 bayerischen, böhmischen und österreichischen spätmittelalterlichen Chroniken systematisch untersucht. Im Vortrag soll das methodische Vorgehen vorgestellt sowie anhand von prägnanten Beispielen verdeutlicht werden.

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Grischa Vercamer studierte Geschichte, Germanistik und Archäologie an der TU / HU Berlin und an der University of Edinburgh und arbeitete von 2004 bis 2007 als Doktorand und Lehrbeauftrager an der FU Berlin. Weitere Stationen seiner Karriere sind unter anderem: 2008-2014: wiss. Mitarbeiter für Mittelalterliche Geschichte am Deutschen Historischen Institut Warschau; 2010-2018 Lehrbeauftragter an der Europa-Universität Viadrina; 2014-2016: wiss. Mitarbeiter an der FU und HU Berlin (projektbezogen/Mittelalterliche Geschichte); 2017-2019: Akademieprofessor / Forschungsprojektleiter am Institut für Geschichte der Polnischen Akademie der Wissenschaften in Warschau (Marie-Skłodowska-Curie-Action); 2019-2024: Vertretungsprofessuren in Passau und Chemnitz, ab Jan. 2025: Inhaber des Passauer Lehrstuhls für Geschichte der ost- und mitteleuropäischen Kulturen im Spätmittelalter und der Frühen Neuzeit und Heisenbergprofessor.